
Früh-Empowerment
von Patienten mit chronischen Gesundheitsstörungen CGS im Akutspital
Im Text verwendete Abkürzungen: CGS: Chronische Gesundheitsstörungen. HCPs: Health Care Professionals, vor allem aus Pflegebereichen: SWE: Selbstwirksamkeitserwartung.
Gegenstand
Der Begriff Früh-Empowerment bezeichnet die möglichst Diagnose-nahe Befähigung von Patienten mit CGS, sich konstruktiv auf eine, durch chronische Krankheit, Handicap oder Trauma bedingte, neue Normalität einzustellen.
Durch die frühzeitige Zukunftsorientierung Betroffener können diese selbst und auch ihre Betreuer dazu beitragen, dass die gefürchtete Maladaptation an die neuen Lebensumstände ausbleibt.
Die Kraft der Selbst-Wirksamkeits-Erwartung SWE
Wie jede Form der Befähigung eines Menschen zur erfolgreichen Bewältigung von besonderen Herausforderungen berücksichtigt auch das Früh-Empowerment die folgende Tatsache:
«Kaum etwas prägt das Leben eines Menschen nachhaltiger, als was dieser selbst aus seinem Leben machen will, selbst für sich entdeckt, sich selbst zutraut und von sich aus zielgerichtet verfolgt».
Die prägende Kraft dieser Haltung ist die SWE.
Im medizinisch-therapeutischen Bereich spielt die Förderung der SWE vor allem bei Personen mit CGS eine wichtige Rolle – (ausgenommen Personen mit psychiatrischen Diagnosen, Sucht, schwereren kognitiven Beeinträchtigungen, sowie Kinder und andere Personen, die zu reflektiertem Selbst-Management noch nicht oder nicht mehr in der Lage sind).
Warum Früh-Empowerment
Das Früh-Empowerment ist eine spezielle Form des Patienten-Empowerments. Es muss möglichst bald nach der Diagnosestellung einer CGS, am besten noch im Akutspital einsetzen. Das Hauptziel des Früh-Empowerments ist ein prophylaktisches: Betroffene sollen vor einer Maladaptation an die neue Lebenssituation mit all ihren gefürchteten Konsequenzen bewahrt werden.
Zuständigkeit und Aufwand
In der Regel gehört das eher niederschwellige Früh-Empowerment Betroffener zu den Kernaufgaben des Pflegepersonals im Akutspital. Der mittlere zeitliche Aufwand für ein Früh-Empowerment Gespräch beträgt etwa dreissig Minuten. Dieser Aufwand wird jedoch durch die resultierende, verbesserte Patienten-Compliance und SWE mehr als wettgemacht.
Methodik
Das Früh-Empowerment folgt zwar den allgemeinen Regeln des Patienten-Empowerments. Es weist jedoch folgende Besonderheiten aus:
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Erstens: Da die kognitive Leistungsfähigkeit Betroffener kurz nach dem Diagnoseschock in der Regel eingeschränkt ist, müssen Früh-Empowerment-Gespräche immer kurzgehalten werden.
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Zweitens: Aus zeitökonomischen Gründen muss das Empowerment-Gespräch betont zielgerichtet gehalten werden. Dies bedingt auch eine etwas direktivere Form der Gesprächsführung als üblich.
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Drittens: Das Früh-Empowerment Gespräch hat nur ein Ziel, nämlich die Befähigung Betroffener einen Blickwechsel vorzunehmen, weg von Vergangenem hin auf zukünftige Chancen.
Inhalt
Die Anzahl der beim Früh-Empowerment angesprochenen Themen ist wesentlich kleiner als dies sonst bei Empowerment Gesprächen mit Betroffenen der Fall ist. Dem Zeck des Früh-Empowerments angemessen beschränkt sich das Gespräch – abgesehen davon, dass es strikt Zukunfts-orientiert ist - auf folgende Themen:
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Unabänderliches akzeptieren
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fatale Denkmuster offenlegen und ändern
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SWE und Compliance fördern.
Nutzen
Der Nutzen des Früh-Empowerments gilt als gesichert und kann wie folgt zusammengefasst werden:
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CGS Betroffene weisen eine durchschnittlich bessere Lebensqualität auf; sie sind weniger Komplikations-anfällig und vertragen medikamentöse Behandlungen besser; die SWE und Compliance steigen; die Rehabilitation wird abgekürzt; das Re-Entry erfolgt früher; es kommt weniger häufig zu sozialer Isolierung.
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Die Betreuer «empowerter» Betroffener werden signifikant entlastet und können offener und entspannter mit diesen kommunizieren.
Hervorzuheben ist, dass es sich beim bisher beschriebenen Nutzen des Früh-Empowerments um relativ kurz- bis mittelfristige Effekte handelt. Langfristige Auswirkungen und Spätfolgen des
Früh-Empowerments wurden bisher, von Ausnahmen abgesehen, nicht systematisch erforscht.
Die Schulung von HCPs zur Befähigung zum Früh-Empowerment-Coaching
Interessierte HCPs können die Befähigung zum niederschwelligen Früh-Empowerment in einem speziellen Schulungskurs folgenden Umfangs und Inhalts lernen:
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Vor dem Kurs erhalten die Teilnehmer:Innen Lehrmaterial um sich in die Thematik einzuarbeiten.
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Es folgt eine 1-tägige On-Line Einführung in die Theorie des Patienten-Empowerments sowie in die Methodik und Praxis des Empowerments unter spezieller Berücksichtigung des Früh-Empowerments.
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Abgeschlossen wird die Schulung mit einem 1-tägigen Präsenzkurs, an dem die Teilnehmer:Innen in kleinen Gruppen und in Gegenwart der Ausbildner:Innen üben, Früh-Empowerment Gespräche zu führen. Der Präsenzkurs findet wenn möglich am Arbeitsort der teilnehmenden HCPs statt.
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Der Kursbesuch berechtigt zur Teilnahme an weiteren Schulungskursen bis hin zum diplomierten Empowerment-Coach. Einzelheiten zu einer solchen weiteren Ausbildung können abgerufen werden über den Fortbildungskalender.
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Falls Teilnehmer:Innen für erste Früh-Empowerment Gespräche mit Betroffenen die Anwesenheit eines Supervisors/Mentors wünschen, vermittelt my Empowerment entsprechende Kontakte.
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Kosten der Fortbildung und Supervision: Auf Anfrage.
Quellen und Literatur
Die von uns empfohlene Methodik des Früh-Empowerments wurde auf der Basis von Forschungsergebnissen der Stiftung Patientenkompetenz und der my Empowerment GmbH im Einklang mit gesundheitspolitischen Programmen des BAG Forum SELF Schweiz entwickelt und publiziert:
«Das Empowerment-Coaching CGS». Lehrbuch und Praxismanual zum Empowerment-Coaching von Personen mit chronischen Gesundheitsstörungen CGS. Tredition Verlag 1. Auflage 2023. Euro 49.90, auch als E-Book erhältlich.